ÄÖ-MYTHOS #15: EIN SYNTHETISCHES DUFTMOLEKÜL UNTERSCHEIDET SICH VON EINEM IDENTISCHEN NATÜRLICH ENTSTANDENEN DUFTMOLEKÜL

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Mythos #15: Ein synthetisches Molekül unterscheidet sich von einem identischen Molekül, das natürlich entstanden ist.


Dieser Artikel wurde von Dr. Robert Pappas von essentialoils.org verfasst und von mir aus dem Englischen übersetzt.


Das ist tatsächlich ein Mythos – du hast richtig gelesen, und es ist kein Irrtum. Ich weiß, dass es für einige schwer zu akzeptieren sein wird, dass dies wirklich ein Mythos ist. Aber ich versichere dir – es ist so.

Aber wie immer gibt es mehr zu dieser Geschichte, als sie einfach ohne weitere Erklärung stehenzulassen.

Die Wahrheit nimmt auch nichts von der Besonderheit natürlicher Produkte und der Komplexität ätherischer Öle gegenüber synthetischen Düften weg.

Mythen über ätherische Öle natürliche Duftmoleküle versus synthetische

Zunächst müssen wir akzeptieren und verstehen, dass einzelne Moleküle nicht lebendig sind, sondern lediglich dreidimensionale Anordnungen von Atomen zu einzigartigen Strukturen im Raum, zusammengehalten durch gemeinsame Elektronendichten, die wir „Bindungen“ nennen.

Als solches hat ein einzelnes Molekül kein „Wissen“ über den Weg, auf dem es entstanden ist, und wie es sich in einem System verhält. Seine Funktion ergibt sich aus seiner dreidimensionalen Struktur, nicht aus seinem Ursprung.

Ein Molekül, sagen wir L-Menthol (der Hauptbestandteil des ätherischen Pfefferminzöls), wird sich in jeder Umgebung EXAKT gleich verhalten, unabhängig davon, ob das L-Menthol-Molekül von der Pfefferminzpflanze oder von der BASF-Chemiefabrik hergestellt wurde.

Wenn 10 Kohlenstoffatome und 15 Wasserstoffatome in der im Bild unten gezeigten Anordnung zusammenkommen, haben wir L-Menthol – unabhängig davon, wer oder was die Atome in dieser Anordnung zusammengebracht hat. L-Menthol ist L-Menthol aufgrund seiner Struktur. Die Struktur ist das, was das Molekül definiert – nicht seine Quelle.

Bild: 3D-Struktur von L-Menthol (Kohlenstoff in Schwarz, Wasserstoff in Weiß und Sauerstoff in Rot)

Und nun zum Rest der Geschichte. Ja, es stimmt, dass isolierte Einzelmoleküle universell gleich sind – unabhängig davon, wer oder was sie synthetisiert hat. Aber das bedeutet keineswegs, dass ätherische Öle im Labor Molekül für Molekül nachgebaut werden können.

Der Grund dafür, dass dies praktisch unmöglich ist, liegt in der enormen Komplexität der ätherischen Öle – sie sind fast immer ein Gemisch von Hunderten von verschiedenen Molekülarten, wenn man alle Neben- und Spurenkomponenten betrachtet.

Die Sache wird noch unendlich komplexer, wenn man bedenkt, dass fast jede dieser Komponenten auch eine enantiomere (spiegelbildliche) Form hat, die man berücksichtigen muss. Während Pfefferminzöl zum Beispiel zu 40 – 50 % aus Menthol besteht und davon mehr als 99 % die L-Form darstellt, ist auch eine kleine Menge seines Spiegelbildes (D-Menthol) enthalten.

Bild: Enantiomere = Stereoisomere eines Moleküls, die sich wie Bild und Spiegelbild zueinander verhalten (z. B. D-Alanin und L-Alanin)

Ganz zu schweigen davon, dass Menthol nicht nur ein, sondern drei chirale Kohlenstoffatome hat. Wenn du also alle Diastereomere (Dinge wie Iso-Menthol, Neo-Menthol, Neo-Iso-Menthol) zusammen mit ihren Spiegelbildern berücksichtigst, haben wir es mit insgesamt acht Menthol-Isomeren zu tun! Und das ist nur das molekulare System von Menthol (eine von fast hundert verschiedenen Verbindungen in der Pfefferminze).

Der Versuch, die korrekten Verhältnisse jedes Enantiomers und/oder Diastereomers jedes Moleküls in einem ätherischen Öl exakt nachzubilden, wäre eine monumentale Aufgabe, die vom praktischen Standpunkt aus gesehen im Grunde unmöglich ist.

Also, das, was man daraus mitnehmen sollte, ist, dass es nichts Magisches an einem Molekül gibt, nur weil es in der „Natur“ entstanden ist. (Im Übrigen ein bedeutungsloser Begriff für mich, denn was ist nicht natürlich? Im Grunde genommen: Wenn es existiert, ist es natürlich – man kann den Menschen nicht von der Natur trennen).

Die Komplexität der Natur ist die wahre „Magie“! Dr. Robert Pappas

Die „Magie“, wenn du so willst, liegt in der Komplexität, mit der Pflanzen ihre Kollektion von Molekülmischungen konstruieren. Diese kann der Mensch in einem Labor nicht einmal annähernd exakt reproduzieren – zumindest noch nicht.

Die Wissenschaft zu verstehen, macht sie nicht einfacher oder weniger interessant – im Gegenteil:

Wenn man wirklich versteht, was vor sich geht, erkennt man, wie unglaublich komplex und verwickelt die Dinge sind. Und je mehr man weiß, desto mehr weiß man, dass man nichts weiß über das Universum. Die Komplexität der Natur ist die wahre „Magie“!

ätherische Öle natürliche Moleküle versus synthetische Moleküle


Dieser Artikel wurde von Dr. Robert Pappas von essentialoils.org verfasst und von mir aus dem Englischen übersetzt. Den Originaltext kannst du hier (klick) nachlesen.

Über den Autor:

Robert Pappas EOU Dr. Robert Pappas ist Chemiker und der Gründer, Präsident und Technische Direktor der Essential Oil University (EOU).

Die EOU hat sich auf GC/MS-Analysen von ätherischen Ölen spezialisiert und verfügt über die weltweit größte Sammlung von Referenzanalysen, Literaturreferenzen und GC/MS Analysen von fast jedem Öl.

Die Essential Oil Chemical Reference Database der EOU kannst du kostenlos nutzen. Das Ziel der EOU ist es, akkurate Information und Wissen über ätherische Öle zu vermitteln. Auch auf seiner beliebten Facebook-Seite informiert Dr. Pappas über die Welt der ätherischen Öle. Er hat es sich außerdem auf die Fahne geschrieben, mit Mythen aufzuräumen, die seit Jahren über ätherische Öle zirkulieren.


Welche Mythen über ätherische Öle sind dir schon untergekommen? Schreib es mir gerne in den Kommentaren unter diesem Blogpost!

Dufte Grüsse, Margareta

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